Ja, sehr schön. Mit der Liebe zum Steak hat es auch tatsächlich bei mir angefangen: Ich war lange im Ausland und habe dort auf Fleisch verzichtet, weil ich nicht wusste, wo es her kommt. Aber je länger ich dort war, umso mehr habe ich mich nach dem nächsten Steak in Deutschland gesehnt, weil ich die romantische Vorstellung hatte, dass ich hier in den Supermarkt gehe und anhand von Biosiegeln und weiteren Informationen auf der Verpackung weiß, woher das Tier stammt. Als ich dann nach ein paar Jahren wieder hier war, bin ich aber ziemlich enttäuscht worden.
Ich habe mich dann ein bisschen mit den Biosiegeln beschäftigt und habe herausgefunden, dass die eigentlich gar nichts aussagen. Und so stand ich an dem Punkt, ob ich nun Vegetarier bleibe oder ob ich selber was auf die Beine stelle, wenn ich den Anspruch habe, die Qualität des Fleischs nachvollziehen zu können.
Naja, ganz so leicht war es nicht. Aber im Prinzip war es schon so: Ich hatte mich so auf dieses Stück Fleisch gefreut, da wollte ich es auch unbedingt haben.
Durch Zufall habe ich mit einem Bauern gesprochen, der witzigerweise zwei Monate vorher den Hof von seinem Vater übernommen hatte, 20 Rinder gekauft hatte und noch nicht wusste, wie er die vermarkten soll. Der war total begeistert, als ich auf seinem Hof stand und sagte: "Komm, lass uns das machen!". Und ich habe eine Webdesignerin getroffen, ihr von der Idee erzählt und auch sie hatte Lust und hat ein Layout gebaut. Und plötzlich war das alles ein sehr konkretes Ding und so ging es los
Als ich nach Hause kam, hatte ich dreieinhalb Jahre in Peking gelebt und ich glaube, dass das dortige Mindset noch ganz schön in mir steckte. In Deutschland denkt man immer so viel darüber nach, was alles schief gehen kann und plant die Schritte eins bis 20. Und danach redet man mit 20 Profis, begutachtet alle Fehler, die passieren können und am Ende macht man sich verrückt und legt die Hände in den Schoß.
In China ist das anders: Die Welt ist eh derart komplex, dass man einfach rausgeht und etwas versucht. Und wenn am Ende etwas kaputt geht, dann ist das eben so. Wenn ich gewusst hätte, was alles auf mich zukommt, hätte ich nie gegründet. Insofern bin ich heute sehr froh, dass ich da damals so naiv dran gegangen bin.
Ich habe das eigentlich auch erst in den letzten Wochen realisiert: Man geht zur Schule, dann zur Uni und selbst wenn du dir super individuell vorkommst, läuft dein Leben doch nach Schritt A, B und C ab.
Ich mochte, was ich gemacht habe, aber ich habe mich auch nicht wirklich mal hingesetzt und habe mich gefragt: "Willst du das überhaupt?"
Heute arbeite ich komplett eigenverantwortlich und muss für jede einzelne Entscheidung komplett in mich gehen. Auf diese Weise komme ich ständig in einen Selbstfindungsprozess mit mir selber. Und wahrscheinlich ist das der Teil, der mich am Gründen am meisten verändert hat: Ich stehe sehr viel mehr mit mir selber in Kontakt und weiß, was ich will und was auch nicht.
Tatsächlich einfach immer wieder ich selber. Der Markt ist einfach, das Internet funktioniert und das geht auch so schnell nicht kaputt. Die Bauern machen gute Arbeit. Und so ist es am Ende des Tages immer mein Kopf. Wenn ich mir sage, "Ich kann das" oder "Ich kann das nicht!", dann stimmt das am Ende immer. Und so muss ich immer an mir selber arbeiten, damit es am Ende klappt.
Irgendwann habe ich festgestellt, dass ich im Business-Kontext komplett verstumme, sobald zwei Männer neben mir sitzen. Was für ein komisches Denken? Ich habe keine Ahnung, woher das kommt, aber ich habe das auch bei anderen Frauen beobachtet. Und das geht mir gewaltig gegen den Strich.
Außerdem wird ja auch viel darüber gesprochen, dass es zu wenig Frauen auf den Bühnen gibt und wenn dann doch mal eine drauf ist, wird sie gefragt, wie sie Familie und Karriere unter einen Hut bringt. Ganz ehrlich: Das kotzt mich an. Ich merke für mich: Jedes mal wenn ich eine Frau auf der Bühne sehe, macht das was mit mir und ich schöpfe mehr Mut.
Insofern bin ich froh, wenn ich mit meinem kleinen Beitrag in irgendeiner Frauenzeitschrift oder auf Veranstaltungen andere Frauen inspirieren kann. Wenn ich damit auch nur eine Frau erreiche, die dadurch inspiriert ist, auch ihr Ding zu machen, ist das schon geil.
Das klingt groß, aber ich finde das sollte das Ziel sein:
Dass wir in fünf oder zehn Jahre in Deutschland weg von der Massentierhaltung sind und es den Scheiß auch nicht mehr gibt, weil wir ihn nicht mehr brauchen.
Zum einen kann ich zu Hause nicht gut arbeiten. Ich brauche einfach einen Arbeitsweg, um mich aufs Arbeiten einzustellen. Und dann ist es so, dass alle meine Freunde festangestellt arbeiten. Wenn ich dann alleine zu Hause sitze, habe ich tatsächlich oft das Gefühl gehabt, dass ich total verrückt sein muss, mein eigenes Business zu machen.
Im betahaus ist das natürlich völlig anders: Hier ist das Gründen das Normale. Es beruhigt mich ungemein, andere Leute um mich zu haben, die einen ähnlichen Weg gehen wie ich.
Die Arbeitszeiten. Jeder kommt und geht wann er will. Ich glaube, jeder weiß für sich selber am besten, wann er produktiv ist und wann nicht. Das sollte man überall individuell gestalten können. Und ich finde es toll am betahaus, dass ich in verschiedenen Räumen arbeiten kann. Diese Abwechslung täte glaube ich vielen Menschen gut.
Es wird dir immer das zurück gespielt, was du selber ausstrahlst. Wenn du an sich selber glaubst, dann tut es auch die ganze Welt.
Mehr Infos zu May-Britts Unternehmen findet ihr hier: https://besserfleisch.de/