Obwohl ich viele kennengelernt habe und meine Freunde nennen darf, die das beruflich machen. Mein Fachgebiet aber liegt woanders, glaube, ich bin hier als Autorin mit Hang zum Analogen eher Exotin zwischen all den Tech Experten*innen der digitalen Welt. Geht in Ordnung und sorgt umso mehr für einen guten Mix im Haus, das immer auch “Haut & Haare” ist.
Eine für mich einschneidende Begegnung mit einem betahaus Mitglied passierte eher beiläufig, fast zufällig. Die schönste Art, Menschen zu begegnen. Wobei es ja keine Zufälle gibt, wie wir wissen. Ich jedenfalls hatte weder etwas erwartet noch strategisch geplant - ich war bloß frühstücken. Ehrlich gesagt, weiß ich nicht mehr genau, wann und wo wir uns das erste Mal über den Weg liefen und ins Gespräch kamen. Wahrscheinlich aber war es beim betabreakfast, das damals 2018, als ich ins betahaus einzog, jeden Donnerstag stattfand und jetzt nach langer Pandemie Abstinenz ein Revival erlebt. Es war und ist der kleine Freitag im betahaus.
Da finden sich alle, die Lust haben und bevor der Arbeitstag beginnt an langer Tafel zum Frühstück ein und erzählen, wer sie sind, was sie beruflich machen oder machen wollen und was sie ins betahaus geführt hat. Ein Projekt oder Startup stellt sich meist genauer mit kurzer Präsentation vor - ansonsten wird gesabbelt und sich kennengelernt, wie sich das fürn gemeinsames und entspanntes Frühstück gehört. Irgendwo da muss ich Olivier begegnet sein.
Genauso wie Christine, ebenfalls Autorin, aber auch Meditationslehrerin. Mit ihr führte ich einmal die Woche das fort, was ich 2017 für mich entdeckt hatte - das Meditieren. Hier in der Gruppe, 1x die Woche nach Feierabend 2x 25 Minuten lehrte sie uns angeleitete Ruhe im Karton durch ZEN Meditation. Ein Ritual, was ich wirklich vermisse, denn Christine ist nicht mehr da. Vielleicht gibt es ja auch hier bald ein Revival, ich vermittle gern, oder Christine kommt einfach zurück. Aber man soll ja laut Buddhismus Dingen nicht anhaften. Verdammte Zwickmühle. Gut, dass man sie auch einfach woanders treffen kann, dazu am Ende mehr.
Olivier also. Sehr groß, sehr schlank, »Vor- und Querdenker« (nein, mit Corona hat das nichts zu tun, es gab eine Zeit, da war die Bezeichnung etwas Gutes) und u. a. Coach für Persönlichkeitsentwicklung. Nicht der einzige Coach und Coachin im Haus, wie ich bald merke. New Work eben. Ein Freigeist, der anderen versucht näher zu bringen, Dinge und Prozesse neu zu denken. Fernab von festgefahrenen Strukturen und Herangehensweisen. Ich hoffe, er findet sich in der Beschreibung wieder, wenn er das hier liest. Ich hoffe, er liest es überhaupt. Unsere Wege trafen sich genau zur rechten Zeit. Ich war in einer Um- und Aufbruchphase meines Lebens, wie viele, die hier landen. Zumindest erzählen sie das am Frühstückstisch und zwischen “reiche mir mal die Butter”. Festen Job gekündigt, Selbstständig gemacht - aber so ganz weiß man noch nicht, wie der Hase läuft.
Ich selbst schreibe zu diesem Zeitpunkt für Monday2Sunday über gutes Essen und habe noch viel Luft nach oben - und jede Menge Bock. Auf Neues und Miteinander. Und trage das offensichtlich nach außen. Zumindest ist es Olivier, der trotz Struggle, der einen naturgemäß in neuer beruflicher Situation ebenso begleitet bemerkt: “Ja, aber Du strahlst auch ganz viel Positives aus” - und dabei selbst übers ganze Gesicht strahlt. Etwas später finde ich mich in einem seiner Workshops wieder. Dort sitzen wir mit anderen Teilnehmer*innen und betahaus Mitgliedern zusammen und hören zu, wer wobei Support benötigt. Steuer, Struktur, Businessplan? Die wichtigste Frage für jede*n Einzelne*n aber ist eine andere.
Das Leben ist wie so'n EKG (Fatih Akin)
Und was kann ich? Darum geht es. Das, was schon da ist zu stärken, auszubauen und sich für alles andere Support zu holen. Sich zu vernetzen und auf diese Weise gegenseitig zu unterstützen und zu ergänzen. Denn seien wir mal ehrlich - was wir alles nicht können, wissen wir meist längst und hören das schon das halbe Leben. Hier setzt jemand genau andersherum an. Was für eine starke und nachhaltige Wirkung das hat, erlebe ich bald. Oliviers Know-how und Herangehensweise unterstützt mich in dem gleichen Jahr ein weiteres Mal bei einem Vorstellungsgespräch - es war das Beste, was ich bis dato hatte. Aus dem Job wurde zwar letztendlich nichts und ich fiel kurz hart aus allen Wolken - gelernt hatte ich aber nicht nur daraus, sondern für alles, was danach kommen sollte. Die Geschäftswelt ist voller Wölfe, wenig Schaf in Sicht. Da ist es wichtig, dass man weiß, wer man ist. In der Selbstständigkeit ohnehin unabdinglich. Denn Rückschläge gibt es immer mal wieder. Oder wie Fatih Akin es in etwa ausdrückt: Das Leben ist wie so'n EKG. Ein Auf und Ab. Verläuft die Linie gerade, ist man tot. Selten eine anschaulichere Erklärung fürs Leben gehört.
Eine der wichtigsten Erkenntnisse ist auch: Es kommt immer darauf an, auf wen Du triffst. Wenn es passt, dann passt es. Ich veröffentlichte kurz darauf die ersten Printartikel, Restaurantkritiken und schreibe inzwischen für DIE ZEIT. Der Türöffner war ich selbst, Oliviers anschubsen aber hilfreich. Und Foodblog Monday2Sunday und betahaus? Passen immer noch.
Mehr Infos zu:
Christine Dohler - Autorin und Ritual Designer & Meditation
Christinedohler.de
Olivier Schneller - Coaching & Disruption
Olivierschneller.com
Fatih Akin - Hamburgs weltberühmter und mehrfach ausgezeichneter Filmemacher und Regisseur, u. a. für Filme wie “Gegen die Wand”, “Aus dem Nichts” und Hamburger Debüt “Kurz & Schmerzlos”
brandeins - Aktueller Schwerpunkt im Magazin: Begegnungen