Im ersten aller Lockdowns entstand das sportliche Rettungspaket der Süddeutschen Zeitung. Nicht nur dem Redakteur Dirk Gehlen fiel auf, dass alles plötzlich durch die Gegend joggte, weil kaum mehr als das möglich war. Also entwickelte er einen kostenlosen Trainingsplan inklusive Newsletter mit Tipps und Anekdoten für seine Leser - den Minutenmarathon. Das Ziel: 42 Minuten am Stück laufen können.
Der Plan: Bis Weihnachten dreimal die Woche X Minuten joggen. Allein, aber durch die Begleitung des wöchentlichen Newsletters und der daraus entstandenen Community auch wieder nicht. Ich persönlich springe zwar regelmäßig im Sportverein herum, grundsätzlich aber eher vom Rad als wie eine Gazelle durch den Park, war also Anfängerin. Und habs dennoch geschafft. Wurde dafür nicht nur mit einem “Runners High” belohnt (habe nach dem Lauf noch mal eben schnell Bude und Treppenhaus gewischt, eindeutiger Beweis), sondern auch mit ausgeglichener Laune.
Für Weihnachten feat. Corona Staffel 2 überlebenswichtig und daher nur schlau, dass sein Erfinder den Marathon seit Tag 1 fortführt.
Wo wir schon mal beim Laufen sind. Keine Sorge, dagegen wird das jetzt ein Spaziergang. Es gibt nämlich kaum etwas Schöneres, als zu dieser Zeit durchs Viertel zu stromern. Eigentlich durch mindestens drei, sofern man zum Beispiel beim betahaus in der Schanze startet und nicht an der nächsten Ecke gleich wieder im Haus verschwindet.
Die Straßen und Gassen mit kleinen Läden und Lichtern sind es, die den ganz besonderen Charme ausmachen und die meditative Stimmung liefern, die nur diese Jahreszeit kann. Schaufenster, so stilvoll in Szene gesetzt, dass man alles angucken und Obacht, kaufen mag. Das ist ein Geschenk im wahrsten Sinne des Wortes, weil man so von ganz allein auf Geschenkideen kommt, für andere und sich selbst. Plötzlich sind frühe Dunkelheit und Regen nahezu willkommen, ohne die würde das ganze Konzept gar nicht funktionieren.
Über Regen handelt auch ein ganzes Buch, über das ich auf diese Weise schockverliebt gestolpert bin. Es erzählt in Illustrationen und Worten von der Schönheit des Wetters, wie es ist. Eine Betrachtungsweise, die alles verändert.
Nach Feierabend und vielleicht stressigen Einkauf in der Rindermarkthalle verweilt es sich mit dieser gleich viel besser beim kleinen und übersichtlichen Wintermarkt direkt davor. Wer Action will, bekommt die beim clubkinder Eisstockschießen dazu. Oder flaniert ab Donnerstags lieber durch Ottensen zum Milk Made Advents Pop Up, für regionale Produkte und Espresso Martini Eis. Klingt nach Belohnung - für alles.
Bummelt am Tag darauf und Wochenende zu Bonnie & Braves und durch St. Pauli in die Paul-Roosen-Straße und klebt am Schaufenster wie Kinder vorm Süßigkeitenladen. Japanische Nickitücher so schön, dass man sie gesehen haben muss. Greift sich anschließend analoge Zeitung zu warmen Brioche und Kaffee im Mimosa, nur ein paar Meter weiter die Straße hoch und biegt später, wenn es bereits dämmert und alles leuchtet in die kunstaffine Neustadt und Wexstraße ein, um sich besagtes Buch in der Buchhandlung Blattgold zu besorgen.
Leicht fröstelnd, aber beseelt gehts irgendwann nach Hause, wo man sich fürs Unterhaltungsprogramm wie so ‘ne Katze im Sessel zusammenrollt. Im besten Fall genauso geschmeidig, dank Runners Yoga, siehe oben, ha! Wahrscheinlich ist das aber nicht.
Dort angekommen, folgen viele gern einem Muster. Menschen brauchen Rituale, das gibt ihnen innere Ruhe. Auch wenn es ein Serienkiller ist. Nach etlichen Jahren ist DEXTER zurück. Einmal die Woche (was ist Binge Watching?) schalte ich also wie damals das Telefon aus und selbst ab, während ich dem Bruder, den ich nie hatte dabei zuschaue, wie er im Gegensatz zum damals heißen Miami nun im verschneiten Kaff (Weihnachtsstimmung, aha!) Nerviges regelt. »Nervenzerrende, sarkastische Krimiserie um einen Ermittler mit blutigem Doppelleben« sagt Sky. Stimmt so, sage ich. Pünktlich zum gemeinsamen Abhängen klopft auch Sex and the City wieder an, hoffentlich gut gealtert und nicht kitschig. Und natürlich auch Chaosfamilie Griswold, denn ohne Schöne Bescherung kein Weihnachtsfeeling, isso. Das wäre so, als würden Kevin und John McClane allein zu Hause bleiben. Äh ja. Da es nicht immer nur Käsepizza zu all dem geben kann, muss man auch mal kochen - und Podcast dabei hören. Die Kombination gehört patentiert, nichts holt Dich schneller runter.
Ansonsten einfach mal tagsüber in die neue Podcast Kabine im betahaus einschließen und gucken, was passiert. Einen speziellen Weihnachtspodcast habe ich an dieser Stelle nicht für Euch, könnte aber ‘ne Lichterkette aufhängen? Guck, Stimmung. Dazu dürftet Ihr jeweils ein Türchen öffnen, einmal drücken und jenes »Plopp« Geräusch aus der Kindheit genießen, was nur der gute alte Adventskalender kann. Der mit Schokolade in mieser Qualität.
Als mir Anna und Thomas im Wohnzimmer aka betahaus Café davon erzählen, strahlen ihre Augen genauso wie damals, glaube ich. So saßen wir da, bevor es erneut in Corona-Schlaf verfiel, nostalgisch lächelnd und sprachen darüber, wie man in diesen Zeiten in Weihnachtsstimmung kommt. Ich hoffe, ich habe Euch ein wenig dabei geholfen.
Frohe Weihnachten, Ihr alle.
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Rindermarkthalle »Wintermarkt«, Neuer Kamp, St. Pauli
Milk Made Ice Cream Advents Pop-Up, Do-So 11-18 Uhr, Friedensallee 30, Ottensen
Bonnie & Braves - Heritage Style for Ladies, Paul-Roosen-Straße, St. Pauli
Buch »Regen« von Christian Sauer, Buchhandlung Blattgold, Wexstraße, Neustadt
Serien »Dexter - New Blood« und »SATC - And just like that« (ab 09.12.), Sky Ticket